Beiträge zum Jubiläum

Das Südcafé feiert im Jahr 2025 sein 10-jähriges Bestehen! Mit Blick auf 2000 Jahre Kirchengeschichte ist das vielleicht keine lange Zeit, als Begegnungscafé für Menschen mit Fluchterfahrung aber durchaus, und mit Blick auf unsere Kirchgemeinde lässt sich feststellen, dass das Südcafé sogar älter ist als die Gemeinde.

Wir haben das Jubiläum zum Anlass genommen, um Menschen, die das Südcafé in den vergangenen 10 Jahren mitgestaltet oder begleitet haben, um kurze Beiträge zu bitten, die an die Anfänge erinnern und Einblicke in die Entwicklung des Südcafés geben. Zu jedem Monatsanfang wird ein neuer Beitrag hier auf dieser Seite eingestellt. Bis zum Jubiläumsfest am 31. Oktober werden es 10 Beiträge sein, in denen 10 Jahre Südcafé lebendig werden.

Wir wünschen viel Freude bei der Lektüre - und danken herzlich Allen, die bereit waren ihre Erinnerungen mit uns zu teilen!

Januar 2024

Erinnerungen an die Anfänge des Südcafés von Pfr. Christoph Maier

Immer wieder hörten wir das in Pfarrkonventen oder im Gespräch mit kirchenleitenden Personen: „Da kommt was auf uns zu!“ Gemeint war eine größere Flüchtlingsbewegung, die dann auch tatsächlich 2015 in einem bisher nicht mehr da gewesenen Ausmaß bewältigt werden musste. Aber wir waren vorbereitet. In Stadtteilversammlungen wurde die Bevölkerung informiert und eingeladen mitzumachen. Es war eine Aufbruchstimmung zu spüren. Die Zivilgesellschaft war da und hellwach. „Wir schaffen das“ traf auch unsere Stimmungslage damals und es machte mich stolz, zu sehen, was wir tatsächlich miteinander schaffen konnten.


Gemeinsam mit der Andreasgemeinde gab es erste Beratungen. Schnell war klar, dass wir einen Ort der Begegnung und der Integration anbieten wollten. Die Idee des Südcafé war geboren. Das Gemeindehaus der Andreasgemeinde sollte ursprünglich die Heimstatt dieses Angebotes werden. Doch kurz bevor es losgehen sollte, sorgte ein Wasserschaden für den Totalausfall. Ein Gemeindeglied der Bethlehemgemeinde bot ihre Büroräume als Ersatz an und so öffnete das Südcafé in den Räumen der Korax-Akademie von Familie Latussek in der Schletterstraße am 27. Oktober 2015 das erste Mal seine Tore. Schon bald wurden diese Räume zu klein für die große Schar der Gäste und Ehrenamtlichen. Nach Gesprächen mit dem Evangelischen Schulzentrum konnte nun die direkt gegenüber liegende Mensa für das Projekt genutzt werden, die bis heute der Anlaufpunkt für das Südcafé ist.


Der Aufbau von Strukturen, einer Projektförderung, eine Stelle im Bundesfreiwilligendienst und die Deklaration zum kirchlichen Ort durch die Kirchenvorstände folgten. Ohne die zuverlässige Förderung des Projekts durch die Landeskirche und die Stadt Leipzig wäre eine Festigung und Weiterentwicklung des Konzepts nicht möglich gewesen. Wichtig war auch, dass der Kirchenbezirk mit Ramona Baldermann und der Ökumenischen Flüchtlingshilfe ein Netzwerk in die Stadt und Landeskirche schuf und so wichtige Lobbyarbeit und ganz praktische Unterstützung leisten konnte. Vom ersten Tag dabei auch Annegret Jopp, die nicht nur über lange Zeit zur guten Seele und späteren Leiterin des Projekts wurde, sondern deren Geduld und Beharrlichkeit einen wesentlichen Beitrag zur Beständigkeit des Südcafés leistete.


Wenn ich an diese Anfangsphase zurückdenke, dann staune ich, welche gesellschaftliche Kraft und Energie sich dort in so positiver Weise entfalten konnte. Und ich staune über den langen Atem, den das Südcafé bis heute bewiesen hat. Das wird auch in Zukunft wichtig bleiben und mit neuen politischen Vorzeichen noch wichtiger werden. Wieder ist die Migration zu einem Top-Thema geworden. Aber nicht mehr die Aufnahmebereitschaft und das nach wie vor starke Engagement der Zivilgesellschaft steht im Vordergrund, sondern die Fragen nach Begrenzung und Steuerung von Zuwanderung. Das sind ohne Frage wichtige Themen, auf die Politik – vor allem im europäischen Rahmen – menschenwürdige und praktikable Antworten finden muss.


Die kirchliche Stimme muss hier immer wieder zu einer differenzierteren Betrachtung der Fragen beitragen* und darf nicht müde werden, an den Zusammenhang von Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung zu erinnern. Die Klimakrise geht nicht weg, wenn wir die Grenzen dicht machen und auch die Anfragen an unseren unersättlichen Lebensstil, den sich diese eine Erde nicht leisten kann, lässt sich nicht mit Stacheldraht beruhigen. So bleibt das Thema Migration auf der Tagesordnung. Menschen fliehen vor Krieg und Gewalt oder sie wollen für sich das Recht auf Asyl in Anspruch nehmen. Schutz und Asyl sind unverhandelbare Grundlagen unserer Rechtsordnung. Aber auch anders motivierte Migrations- und Wanderungsbewegungen gab es schon immer. Wer schwierigen Lebensbedingungen mit der Hoffnung auf eine bessere Zukunft und ein Stück Gerechtigkeit entkommen will, ist kein schlechter Mensch. Daran erinnert die Bibel, wenn es im zweiten Mosebuch (Exodus 22,20) heißt: „Darum sollt ihr auch die Fremdlinge lieben; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland.“

*vgl. dazu zum Beispiel das gemeinsame Wort von EKD und Deutscher Bischofskonferenz „Migration Menschenwürdig gestalten“ von 2021 (https://www.ekd.de/migration-menschenwuerdig-gestalten-68831.htm)

Erinnerungen an die Anfänge des Südcafés von Pfr. Christoph Maier

10 Jahre Südcafé – Erinnerungen an das Südcafe_ChristophMaier.pdf (285,5 KiB)