Geschichte der Peterskirche

Einer der ältesten deutschen Siedlungskerne im Bereich der Stadt Leipzig ist der vicus St. Petri gewesen, eine Fischersiedlung unmittelbar südlich des heutigen Stadtkerns am östlichen Hochufer der Pleiße. Dieser Siedlungskern ist im Zuge einer ersten Einwanderung deutscher Siedler im 10. Jh. entstanden.

capella beati Petri

Zentrum dieser Siedlung war die erste Peterskirche, die von Markgraf Konrad dem Großen erbaut worden sein soll. Soweit nachvollziehbar stand sie auf dem Bereich des heutigen Wilhelm-Leuschner-Platzes. Ihr Aussehen ist nicht überliefert. Es ist aber anzunehmen, dass sie aus Holz war.

Erstmals urkundlich erwähnt wird sie im Jahr 1213: Markgraf Dietrich der Bedrängte wies die capella beati Petri dem neu gegründeten Augustinerkloster zu. Bis zum Jahr 1507 wurde sie rege als Messkapelle genutzt.

Wundersamer Fischzug (Codex Egberti), 10. Jh.

Die alte Peterskirche

Unweit des Peterstores, am Rand der Stadtmauer, wurde die Alte Peterskirche 1507 als einschiffige spätgotische Hallenkirche neu errichtet. Bei der Grundsteinlegung wurde in die Öffnung in der Mitte des Grundsteines das übliche Bauopfer eingelegt. Es bestand aus einem kleinen grünglasigen Henkelkrug, einer römischen Silbermünze und einem sächsischen Silbergroschen. Grundstein und Bauopfer wurden 1924 bei Ausschachtungsarbeiten auf dem ehemaligen Gelände der Peterskirche gefunden. Das Bauopfer ging jedoch während des Zweiten Weltkrieges verloren. Der Grundstein, eine Leihgabe des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig, kann in der Taufkapelle der Peterskirche besichtigt werden.

Nach Einführung der Reformation in Leipzig im Jahr 1539 wurden die stillen Messen jedoch abgeschafft, die Alte Peterskirche verlor an Bedeutung und wurde profanisiert. In der Folgezeit wurde sie gut 150 Jahre als Kalkscheune und Kaserne genutzt. Und so schreibt Tobias Heydenreich in seiner »leipzigischen Chronik« im Jahr 1635: »Es sind zwar andere zwo Kirchen in der Stadt zu finden: die eine wird genanndt die Peters-, die andere die Barfüßen Kirche. Dieweil sie aber in langer Zeit nicht gebraucht worden und also sehr eingegangen, auch ohne große Unkosten nicht wieder angerichtet werden können, ist davon viel Wort zu machen, meines Erachtens, vergeblich.«
Im Jahr 1700 möchte Kurfürst August der Starke die Alte Peterskirche den aus Frankreich vertriebenen Hugenotten (reformierten Christen) übereignen. Die Pläne scheitern jedoch am ernergischem Protest des Rates der Stadt und der Universität Leipzig.

Mit Verbreitung des Pietismus in Leipzig wuchs das Bedürfnis nach einer tiefgreifenden Schrifterklärung. So beschließt der Rat im Jahr 1710 die Peterskirche grundlegend wiederherzustellen, um dort fortan Katecheten anzustellen, die jeden Sonntag die Bibel predigen und sonntägliche Katechisation anbieten. Am 12. Januar 1712 hielt der neu gewählte Katechet Adam Bernd seine erste Katechese und am 29. März seine Antrittspredigt. Ihm werden bald magistri und studiosi theologiae zur Seite gestellt, welche u. a. für Nachmittagspredigten, Katechisation, Konvertitenunterricht und Gottesdienste im Gefangenensaal der Stadt verpflichtet wurden. Schnell rückte die Alte Peterskirche so in die Mitte des kirchlichen Lebens der Stadt.

Die Bevölkerung der Stadt wuchs zügig, und die Arbeitslast war in den bis dahin bestehenden zwei Parochien (St. Thomas und St. Nikolai) nicht mehr zu schultern: Am ersten Osterfeiertag des Jahres 1876 wird die Peterskirche zu einer Parochialkirche mit eigenem Gemeindegebiet erhoben. Die Petersgemeinde wuchs auf Grund der planmäßigen Bebauung der Südvorstadt rapide an, so dass die Alte Peterskirche bereits 1876 die Gläubigen nicht fassen konnte. Schnell wurde der Plan eines Neubaus an anderer Stelle gefasst, 1885 realisiert, und die Alte Peterskirche 1886 abgerissen. An den Standort der Alten Peterskirche erinnert heute noch die belebte »Petersstraße« und der »Peterskirchhof« in der Fußgängerzone der Innenstadt Leipzigs.

Auf dem ehemaligen Grundstück der Alten Peterskirche befindet sich heute die »Musikschule Johann-Sebastian-Bach«.  Ein passender Zufall, da Johann Sebastian Bach zu seiner Zeit als Thomaskantor auch für die Kirchenmusik an St. Petri verantwortlich war und die Alte Peterskirche somit zu den vier ständigen Wirkungsstätten des Thomanerchores gehörte.

Die Neue Peterskirche

Im Jahr 1877 wurde ein Wettbewerb unter 291 deutschsprachigen Architekten für den Neubau der Peterskirche ausgeschrieben. Als Areal für den Kirchenbau wurde durch die Stadt der Schletterplatz (heutiger Gaudigplatz) nahe dem Bayrischen Bahnhof vorgegeben.

1878 gingen 80 Entwürfe namhafter Architekten ein. Die Jury (Gottfried Semper, später Theophil Hansen, Wien, Friedrich Adler später Hermann Nicolai, Dresden, und Friedrich von Schmidt, Wien) konnte keinen Entwurf zur Ausführung empfehlen. Deshalb wurden die beiden beteiligten Architekten August Hartel und Constantin Lipsius beauftragt, einen gemeinsamen Kompromissentwurf in einem der »christlichen Baustile« zu erarbeiten. Beide Architekten brachten ihre fundierten Kenntnisse und Erfahrungen des gotischen Stils in seiner monumentalsten Ausprägung ein.

Postkarte, Winter 1898

Am 17. September 1882 wurde der Grundstein gelegt, am 27. Dezember 1885 erfolgte die Weihe des ersten evangelischen Kirchbaus in Leipzig seit der Reformation. Nach Instandsetzungsmaßnahmen Anfang des 20. Jahrhunderts erlitt das Bauwerk im 2. Weltkrieg erhebliche Beschädigungen (Teilzerstörung der Kapellen, vollkommene Zerstörung des Hauptdaches, Beschädigung der Fassaden, Fenster und der Innenräume). Zehn Jahre stand die Peterskirche ohne Dach. In dieser Zeit ging auch die wertvolle große Sauer-Orgel verloren.

Anlässlich des Evangelischen Kirchentages 1954 in Leipzig wurde das Dach mit Hilfe der schwedischen Kirche wiedererrichtet und die Kirche bis 1966 zur provisorischen Nutzung hergerichtet. In den Jahren 1973/76 wurden mit Hilfe der EKD Wiederaufbaumaßnahmen am Kapellenkranz und Hauptdach durchgeführt. Die Kirchgemeinde bemühte sich unermüdlich um die Sicherung des Bauwerks gegen mutwillige Zerstörungsversuche.
Seit 1990 erfolgt die systematische, abschnittsweise Instandsetzung und Restaurierung der baulichen Substanz. So wurden bereits die Dachzone, die Fassaden, das Westwerk, der äußere Kapellenkranz, die gesamte Taufkapelle, der Turm und die Glasmalerei-Fenster saniert bzw. restauriert. Aktuell laufen Planungen und erste Arbeiten zur Sanierung des Schiffes und der übrigen Innenräume der Kirche. Dies schließt auch die Instandsetzung der technischen Installationen ein.

Historische Presseschau

Konkurrenzentwürfe

Seit dem Jahr 1867 wurde die »Deutsche Bauzeitung« (DBZ) wöchentlich in Berlin verlegt. Die auf ihrem Gebiet älteste deutsche Fachzeitschrift war Organ des Verbandes Deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine und umfaßte zu jener Zeit pro Ausgabe im Schnitt lediglich 6 Seiten.

Umso mehr spiegelt die ungewöhnlich ausführliche Berichterstattung über den Architekten-Wettbewerb zur Neuen Peterskirche am Schletterplatz, in den Ausgaben von 1877 bis 1882, die außerordentliche Bedeutung des Bauvorhabens für die damalige Zeit wider. Sogar in die englische Architekten-Zeitung »The Builder« schafft es die Neue Peterskirche.

Der Text der Ausschreibung der Konkurrenz ist der Zeitung »Die Eisenbahn« entnommen, die u.a. das Organ des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins war. Die fertiggestellte Kirche beschreibt die »Illustrirte Zeitung« in ihrer Weihnachtsnummer von 1885. In »Leipzig und seine Bauten« werden detaillierte Angaben zur Konstruktion der Kirche gemacht.

Die Architekten

Die Neue Peterkirche wurde nach einem wendungsreichen Wettbewerb nach gemeinsamen Plänen von August Hartel und Constantin Lipsius errichtet. Erfahren Sie hier mehr über die Erbauer und ihr Schaffen, anhand der in der »Deutschen Bauzeitung« veröffentlichten Nachrufe an die beiden Architekten:

August Hartel (1844–1890):

Constantin Lipsius (1832–1894):

Die grosse Kirchen- und Concert-Orgel

Die durch Wilhelm Sauer für die Neue Peterskirche Leipzig erbaute große Orgel war eines der modernsten Instrumente seiner Zeit. So berichtete die Zeitschrift für Intrumentenbau 1886 nach ihrer Weihe detailliert über dieses - heute unwiederbringlich verlorenes - Meisterwerk des Orgelbaus.

Die Neue Peterskirche per Post

Der Neubau der Peterskirche war Ende des 19. Jahrhunderts ein Großereignis. Auf zahlreichen Postkarten erschien sie nach ihrer Fertigstellung als Motiv. So schickte man die Neue Peterskirche – versehen mit wichtigen Nachrichten, kurzen Informationen im Telegrammstil, den besten Wünschen und stets herzlichsten Grüßen – in die Welt. Ein Beispiel zeigen wir Ihnen hier.