Impuls

Christsein ist Beten und Tun des Gerechten unter den Menschen

Zur Erinnerung an den 80. Todestag von Dietrich Bonhoeffer

Dies schrieb Dietrich Bonhoeffer im Mai 1943 seinem kleinen Patensohn Dietrich Bethge, zu dessen Taufe er nicht kommen konnte, weil er im Gefängnis saß.

Am 9. April ist es 80 Jahre her, dass Bonhoeffer im Konzentrationslager Flossenbürg von den Schergen des Nationalsozialismus ermordet wurde. Er wurde auf direkten Befehl Hitlers hingerichtet, weil er der Widerstandsgruppe um Admiral Canaris und General Oster angehörte, die den „Führer“ beseitigen wollte. Das misslang und Dietrich Bonhoeffer kam in Haft und musste dies wie so viele andere mit seinem Leben bezahlen.

Seit ich das erste Mal von Bonhoeffer hörte und begann mich in seine Texte zu vertiefen, hat mich seine Frömmigkeit, seine ­Geradlinigkeit und seine Treue fasziniert. Vor allem aber, wie es ihm gelang in äußerster Bedrängnis, ja im Angesicht des sicher bevorstehenden Todes, den Mut nicht zu verlieren und anderen Menschen von seiner Zuversicht noch abzugeben.

So schrieb er 1943 während seiner Gefängnishaft das folgende Gebet für seine Mitgefangenen:

Gott, zu dir rufe ich am frühen Morgen:
hilf mir beten und meine Gedanken sammeln;
ich kann es nicht allein.
In mir ist es finster, aber bei dir ist Licht;
ich bin einsam, aber du verlässt mich nicht;
ich bin kleinmütig, aber bei dir ist Hilfe;
ich bin unruhig, aber bei dir ist Frieden;
in mir ist Bitterkeit, aber bei dir ist Geduld;
ich verstehe deine Wege nicht,
aber du weißt den rechten Weg für mich.

Gebete als seine Zwiesprache mit Gott und die Gemeinschaft mit seiner Familie und seinen Freunden waren die große Hilfe, die Bonhoeffer erfahren durfte. Christus war das Zentrum seines Lebens. Dies äußerte sich auch in seiner Gebetspraxis.

„Das Gebet ist das Herz christlichen Lebens“ heißt es in einer seiner Predigten. „Am Gebet hängt alles, was das Christsein ausmacht. Beten heißt, sein Leben ganz Gott zuwenden, auf sein Wort hin, das durch Christus zu uns kam“.

Beten bedeutet, sich Gott ans Herz zu werfen. Bonhoeffer sagt: „Beten heißt erstlich einmal so stille werden, dass wir Gottes Wort an uns vernehmen, heißt dann aber, diesem Wort Antwort zu geben, sei es in Worten oder in Taten“. Beten ist Handeln und führt ins Handeln, denn dort schlägt das Herz des christlichen Lebens, dort pulsiert es. Umgekehrt führt christliches Handeln immer ins Gebet und verbindet dadurch mit dem Handeln Gottes. Eins ohne das andere ist nicht möglich.

Dietrich Bonhoeffer wurde seinen Mitmenschen und mir zum Vorbild, weil er aus seinem Glauben an Christus das Handeln für das wahrhaft Menschliche ableitete. Besonders an der Osterbotschaft von der Auferstehung Jesu sehe ich, wie in Christus neues Leben möglich wird. Davon können wir uns, davon will ich mich – wie Bonhoeffer – motivieren lassen.

Anna Rietzschel

 

Zu diesem Impuls, der auch in der aktuellen Ausgabe der Treffpunkte erschien, erreichte uns der folgende Leserbrief:

Mit großer Aufmerksamkeit habe ich die wunderbare Laudatio gelesen. Ich erlaube mir einige ergänzende Fakten anzufügen:

  1. Bonhoeffer ist auch für mich ein ganz, ganz großer Held. Er hat trotz der Warnung vieler seiner Mitmenschen Amerika verlassen und ist nach Nazideutschland zurückgekehrt, um seiner Gemeinde beizustehen.
  2. Der Nazirichter, der ihn und seine Kameraden hingerichtet hat, ist mit dem Güterzug und dem Fahrrad nach Flossenbürg gefahren, da kein öffentlicher Verkehr mehr vorhanden war. Die Ermordung erfolgte am 09.04.1945, also 4 Wochen vor Kriegsende. Nach dem Krieg führte dieser Richter eine Anwaltskanzlei in München!
  3. Der Bundesgerichtshof hat 1956 erklärt, dass das SS- Standgericht, welches der Richter führte, ein ordnungsgemäßes Gericht war.
  4. Die evangelische Amtskirche Deutschlands hat nichts, aber auch gar nichts  für die Rehabilitation von Bonhoeffer getan.
  5. Erst ein Bonhoeffer- Verein(existiert heute noch) erreichte am 01.08.1996 am Landgericht Berlin die volle Rehabilitation von Dietrich Bonhoeffer, also 51 Jahre nach Kriegsende.

Ich denke, als gläubige Menschen sollten wir über die genannten Fakten unbedingt nachdenken und diskutieren.

Hansjörg Kuppardt