1854–2004: 150 Jahre Kindertagesstätte in Connewitz

1. Geschichte der Kleinkinder­schulen, Kinderbewahranstalten und Kinder­gärten

Als Vorläufer von Kleinkinderschulen, Kinderbewahranstalten und Kindergärten gab es schon im 18. Jahrhundert Spielschulen. Bei dem Pädagogen Heinrich Pestalozzi (1746–1827) und bei dem Pfarrer Fritz Oberlin (1740–1826) verstärkte sich der Gedanke, Kindereinrichtungen zu gründen, die das Familienleben ergänzen.

Dem Pfarrer Oberlin verdanken wir die erste Einrichtung, die wir heute am ehesten als Kindertagesstätte bezeichnen würden. In dem Dorfe Waldbach, zum Steinthal im Elsaß gehörig, begann er im Jahre 1779 mit dieser Arbeit. Während die Mütter im Sommer mit auf das Feld mussten, konnten die Kinder in dieser Zeit pädagogisch begleitet werden. Sie erlernten verschiedene Fertigkeiten und wurden in den christlichen Glauben eingeführt.

Bis auf weiteres blieben Gründungen von Kindereinrichtungen nur sehr vereinzelte Ereignisse. Ein weiterer wichtiger Meilenstein war das soziale Engagement der Fürstin Pauline Christiane Wilhelmine von Lippe-Detmold. Sie errichtete in Detmold eine weitere Kindereinrichtung im Jahre 1802. Damit beginnen wohlhabende Menschen, die soziale Not von Kleinkindern durch Kindereinrichtungen zu lindern.

In England verbreiteten sich solche Einrichtungen infolge der Entwicklung der Industrie dann sehr rasch. Der englische Sozialreformer Robert Owen (1771–1858) hatte noch 1800 in seiner Fabrik für die Kinder seiner Arbeiter eine Pflegeanstalt eröffnet. Alsbald kamen Kleinkinderschulen hinzu, sodass 30 Jahre später etwa 500 solche Einrichtungen zur Verfügung standen. Diese Entwicklung schwappte dann Mitte der 20er Jahre im 19. Jahrhundert wieder nach Deutschland infolge der dortigen Industrialisierung zurück.

Der Pädagoge Friedrich Fröbel (1782–1852) gründete im Jahre 1837 den ersten »Kindergarten« in Blankenburg (Thür.). Sein ganzheitlicher Ansatz fand viele Nachahmer, und somit setzt sich dann auch die Bezeichnung »Kindergarten« durch, wenn auch nur allmählich.

Die sozialen Veränderungen in Europa lösten heftige Debatten über die Lösung der sozialen Krise aus. Am Ende gab es zu wenig Kindergärten für die vielen Kinder in der Stadt, die nicht mehr in der dörflichen Großfamilie integriert wurden. Deshalb setzte besonders die Arbeiterbewegung auf strukturelle Veränderungen, wie sie beispielsweise im Jahre 1848 im »Kommunistischen Manifest« durch die Sozialphilosophen Karl Marx (1818–1883) und Friedrich Engels (1820–1895) verankert wurden. In der Kirche gab es nur einen kleinen Flügel, der bereit war, sich der Not der Armen anzunehmen. Im selbigen Jahr ist es der Theologe und Leiter des Rauhen Hauses in Hamburg Johann Hinrich Wichern (1808–1881), der auf dem Kirchentag in Wittenberg den Verantwortlichen in Kirche und Gesellschaft ins Gewissen redet, ihre soziale Verantwortung wahrzunehmen.

2. Gründung der Kinderbewahranstalt in Connewitz

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ziehen nicht nur nach Leipzig Tausende von Menschen zu. Ebenso wachsen auch die umliegenden Ortschaften, manchmal um mehr als 1000 Menschen pro Jahr.

Die soziale Integration dieser Menschen gelingt oft nicht, geschweige denn die Integration in die Kirche. Bei den meisten Eltern müssen beide arbeiten gehen, damit am morgigen Tag etwas zum Essen auf dem Tisch steht. Deshalb bleibt ihnen gar nichts anderes übrig, als ihre Kinder unbeaufsichtigt sich selbst zu überlassen. Diese Kinder streunen durch die Straßen und hecken manchen Unfug aus. Hierin sehen verantwortliche Bürger eine Gefahr für die Entwicklung der Jugend und folglich für die Gesellschaft überhaupt. Dieses Verantwortungsgefühl wird ein Hauptmotiv, Kindergärten zu gründen. Der Erziehung armer Eltern wird zunehmend weniger zugetraut. Deshalb soll eine christliche Erziehung in Kindergärten diese ersetzen und Kinder vor der Verwahrlosung schützen.

Im Jahre 1847 greifen verantwortliche Bürger von Connewitz die Idee auf, einen Kindergarten zu gründen. Es scheitert jedoch vor allem an den fehlenden Finanzen. Der Musikalienhändler Carl Gotthelf Siegm. Böhme († 1855) stiftete 500 Taler, damit ein Kindergarten gegründet und erhalten werden konnte. Es fehlte vorerst noch an einer geeigneten Person, die einen Kindergarten leiten würde. Sie wurde in Frau Barthel gefunden. Weitere Stifter und Förderer des Projekts traten hinzu.

Somit nahm der erste Kindergarten in Connewitz seine Tätigkeit am 1. Juni 1854 auf. Er dürfte damit wohl der älteste Kindergarten in Leipzig sein, der heute noch Kinder aufnimmt. Die erste Gründung im heutigen Stadtgebiet war 1834 durch die »Vertraute Gesellschaft«. Auch der Verbleib weiterer Kindergärten aus jener Zeit konnte nicht bis in die Gegenwart verfolgt werden. Der Connewitzer Kindergarten wurde nach fünf Monaten Ende Oktober wieder geschlossen, aber seit dem 1. Mai 1855 wird er dann durchgehend geführt. Für die ersten zwölf Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren, die noch namentlich bekannt sind, musste ein Raum in einem Haus am Mühlweg hergerichtet werden. Alte KinderebwahranstaltVier Jahre später kaufte man ein kleines Haus in der Probstheidaer Straße 9.

Kinderbewahrsanstalt

Der rechtsfähige Vorstand besteht aus dem Ortspfarrer, der anfänglich bis 1875 noch aus der Mutterkirchgemeinde Probstheida kommt. Dazu kommen Männer und Frauen, die aus der Versammlung der Geldgeber gewählt werden. Zu den Erstunterzeichnern der Satzung gehören die Gründerin und Frau des Hauptsponsors der Anstalt, Frau Emilie Böhme, geb. Frenzel, und das Herz der Einrichtung Frau Cäcilie Melly. Des weiteren sind Pfarrer Maximilian Blüher (1809–1861), der Buchhalter Christian Friedrich August Abel (1817–18…?) und der Ortsrichter [J. David?] Michel († 1861) als Mitglieder des ersten Vorstandes zu nennen. Da es damals kaum vergleichbare Einrichtungen gab, besuchte der sächsische König Johann (1801, 1854–1873) am 29. September 1855 unsere Kindertageseinrichtung.

Im ersten Jahr der Tätigkeit kostet ein Kindergartenplatz vier Pfennig am Tag. Zum Schluss des ersten Berichtes über die Arbeit der Kindereinrichtung aus dem Jahre 1855 lesen wir: »… wir gehen nicht zurück! Denn was mit Gottes Hülfe begonnen worden, wird auch mit Gottes Hülfe weiter gelingen. Und so wie manch‘ ein zartes Reis zuletzt ein Baum geworden, unter dessen Laubdach nun der Gärtner steht, um dafür Gott zu preisen: so wird auch eine Zeit kommen, wo diese Anstalt, obgleich jetzt noch schwach und klein, ein Schutzdach ausbreiten wird über die ganze Gemeinde, unter welchem Viele ihrer Söhne und Töchter gerührten Herzens die Gnade Gottes rühmen und das Andenken wohlwollender Menschenfreunde segnen werden.«

3. Von der Anstalt zum Verein

Die Kinderbewahranstalt wurde auch weiterhin durch private Spenden unterstützt. Trotz selbst großer Zuwendungen wiederholte sich der Spendenaufruf mit jedem Jahresbericht.

Erfreulich steigen die Kinderzahlen in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts. Während 1873 durchschnittlich 45 Kinder aufgenommen werden, sind es zwei Jahre später fast das Doppelte, nämlich 85. Dies zwingt den Vorstand, auf dem von Frau Julie Kayser geschenkten Flurstück in der Langen Straße 47 (heute: Biedermannstr. 47) ein neues Gebäude zu errichten. Am 2. August 1876 wird der Grundstein gelegt, und am 10. Dezember kann die Einweihung gefeiert werden: Vom alten Haus aus ziehen die Kinder zum Festtag in ihr neues Haus. Der Verkaufserlös des alten Hauses, großzügige Spenden und ein Kredit ermöglichen die Finanzierung des neues Gebäudes, die 22 182 Mark benötigt. Die Leitung des Neubaus stand in den Händen von Oberförster Theodor Hugo Schönherr (1833–1895) und seiner Frau Helene (gest. 1905). Im ersten Jahr danach brechen die Kinderzahlen infolge der Wirtschaftskrise und der dramatisch auf unter 40 zusammen. Dies zwingt den Vorstand, die Wochenpreise pro Kind von 30 auf 50 Pfennig zu erhöhen.

Die Elternbeiträge (das so genannte Kostgeld) tragen am Anfang kaum 10 % zur Finanzierung bei. Der Rest wird durch Spenden und Zinsen von Geldanlagen aufgebracht. Das Kostgeld steigt bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts auf über 40 % des Gesamtumsatzes, der sich von 180 Talern (1854) auf 4660 RM (1908) entwickelt. Die Zuschüsse der Kommune wachsen seit den 1870er Jahren an und erreichen ein Niveau von etwa 20 % der Gesamtkosten. In den 1890er Jahren unterstützt die Sparkasse den Kindergarten mit Erlösen aus ihren Gewinnen. Am Anfang des 20. Jahrhunderts gibt die Kirchgemeinde punktuell Zuschüsse. Nach wie vor wird ein sehr beachtlicher Finanzierungsanteil durch private Spenden aufgebracht.

Die öffentliche Hand beginnt, durch kontinuierliche Zuwendungen die Kindergartenarbeit zu unterstützen, weil man bemerkt hat, dass durch die Industrialisierung die Menschen ihren alten Lebensrhythmus verloren und menschliche Werte in der Gesellschaft eine immer geringere Rolle spielten. Diese Feststellung wird zum Impuls für die Sozialgesetzgebung in Deutschland. Trotz öffentlicher Zuschüsse steigen die Elternbeiträge bis auf 70 Pfennig vor dem Ersten Weltkrieg.

Das neu gebaute Haus bereitet bauliche Sorgen: Anstaltsräume müssen neu gestrichen und bauliche Mängel beseitigt werden. 1895 erhält das Gebäude eine Wasserleitung. Sechs Jahre später wird die Gasbeleuchtung eingeführt, und die Küche erhält einen eisernen Herd. An unentgeltlichen Zuwendungen wird auch das Stroh für die Strohsäcke erwähnt.

Diese Maßnahmen stehen auch im Zusammenhang mit der Hygiene. Seit den 80er Jahren enthalten die Berichte Hinweise auf vorkommende Kinderkrankheiten, Epidemien und Todesfälle. Das Jahr 1893 hält den traurigen Rekord von zehn Todesfällen unter den Kindern. Danach wird dergleichen seltener, aber immer wieder berichtet. Die Kinderzahlen pegeln sich bei etwa 80 Kindern ein.

Im Statut vom 6. Februar 1892 sind die Aufnahmekriterien beschrieben: »Alle Kinder von Einwohnern von Leipzig-Connewitz, welche geimpft, 2 Jahre alt, oder wenigstens im Laufen geübt sind, finden in der Kinderbewahranstalt Aufnahme, …«

Aus der undatierten Instruktion für die Lehrerin können wir folgendes entnehmen: »Da es bei unserer Anstalt nicht blos Zweck ist, die Kinder leiblich zu bewahren, sondern auch ihre Seelen auf dem Weg des eigen Lebens hinzuleiten, so ist das erste Erforderniß, daß die Lehrerin, die dieses wichtige Amt übernimmt, selbst auf diesem Wege gehet, und in einer innigen Gemeinschaft mit Christo, der Quelle des Lebens stehet.« Ansonsten enthalten die Quellen wenig Informationen über das damalige pädagogische Programm.

Veränderte wirtschaftliche und juristische Verhältnisse veranlassten den Vorstand im Jahre 1907, die über 50-jährige Satzung zu verändern. Jedoch konnte die Satzungsänderung vom Königlichen Amtsgericht nicht genehmigt werden, da die Anstalt nicht nach dem Gesetz über juristische Personen von 1868 in das Genossenschaftsregister eingetragen wurde, obgleich die Satzung am 7. Januar 1856 von der Königlichen Kreisdirektion zu Leipzig genehmigt wurde. Folglich musste man sich über Rechtsstruktur und juristische Vertretung neu Gedanken machen und wählte die Form des Vereins; dieser wurde am 22. Juni 1909 ins Leben gerufen.

4. Vereinszeit

Gleich in den ersten Jahren widmete sich der Verein einer großen Aufgabe: dem Neubau der »Kinderbewahranstalt«. Die alte Einrichtung war zu klein geworden. Um zu Geld zu kommen, wird ein Teil des Grundstücks verkauft, damit der Neubau auf der Meusdorfer Straße 47 b finanziert werden konnte.

Der alte Kindergartenbau, der keine 50 m von dem Neubau entfernt war, wird ebenfalls veräußert. Der Neubau wurde mit Mietwohnungen konzipiert, um durch Mietüberschüsse den Kindergarten finanziell zu unterstützen. Da man kein Ausweichquartier fand, schloss der Kindergarten für die Bauzeit. Am 16. Mai 1912 konnte das neue Gebäude eröffnet werden. In diesem ersten Jahr kamen etwa 100 Kinder täglich.

Über die Arbeit in diesem neuen Kindergarten ist im Jahresbericht 1913 folgendes zu lesen: »Wenn man bei der Forderung der Jugendpflege wohl mehr das nachschulpflichtige Alter im Auge hat, so ist doch gerade in den noch nicht schulpflichtigen Kindern der geeignete Boden, in den die Keime einer christlich nationalen Gesinnung mit größerer Aussicht auf Erfolg eingepflanzt werden können.«

Während des Ersten Weltkrieges wurden Feldpostpäckchen an die Väter im Krieg geschickt. Für das Lazarett bastelten die Kinder kleine Aufmerksamkeiten, die mit einer Zigarre verteilt wurden.

Der Krieg verschärfte die wirtschaftliche Lage des Kindergartens, sodass der Vorstand infolge fehlender Mieteinnahmen Rücklagen angriff. Der Wochenpreis stieg auf 1,50 RM am Ende des Krieges und hat sich damit mehr als verdoppelt. Die Kinder mussten im Winter ein Brikett für die Kohleheizung mitbringen. Es bereitet manche Mühe, mit den Lebensmittelkarten das nötige Essen zu besorgen. Zwischenzeitlich musste der Kindergarten für acht Wochen wegen einer Diphterieepidemie geschlossen werden.

Die angespannte Situation bringt es mit sich, dass im Sommer die Kinderzahlen zurückgehen und im Winter entsprechend steigen. Oft werden auch Schulkinder zur Betreuung mit abgegeben. Dies erweist sich als unpraktisch, sodass durch eine Statutenänderung vom 13.08.1919 dies nur noch als Ausnahme geduldet wird. Einige Kinder können in das Kindersommerheim in Frohburg reisen.

Der Kindergarten wird durch eine Fachkraft geleitet, die besondere pädagogische Einheiten mit den Kindern gestaltet. An ihrer Seite wirken ein bis zwei Gehilfinnen mit und eine Reihe von Müttern, die die anderen Kinder beaufsichtigen bzw. mit ihnen spielen.

Eine Millionenspende des Kaisers Wilhelm II. (1917) bringt einen kleinen Tropfen auf den heißen Stein (300 RM). Die Kinderhilfsmission der Religiösen Gesellschaft der Quäker aus Amerika organisiert eine Hilfsaktion für Kinder in Deutschland. Im Jahre 1921 erhält der Gustav-Adolf-Verein eine Spende aus Südafrika für Kindertagesstätten in stattlicher Höhe von 10 000 RM, die über die evangelischen Kindertagesstätten verteilt werden. Notsammlungen der Kinderhilfe bringen manche Spende für die Kindergartenarbeit ein. Die Stadt Leipzig stellt einen Waldplatz als Spielplatz für den Connewitzer Kindergarten zur Verfügung (1920).

Infolge der komplizierten äußeren Lage beschlossen die Trägervertreter der Kindertagesstätten in Leipzig im Jahre 1917 auf einer Tagung in Frohburg, einen Zusammenschluss zu bilden, der dann auch zustande kommt.

Die hohe Arbeitslosigkeit in den 20er Jahren drückt wieder die durchschnittlichen Kinderzahlen in manchen Jahren auf etwa 50 Kinder. Inflation und Wirtschaftskrisen veranlassen den Vorstand immer wieder, Zuschüsse zu beantragen; so auch an den Kirchgemeindeverband. Dieser stimmt den Zuschüssen auch weitgehend zu. Jedoch erhebt er die Bedingung, dass im Falle der Auflösung des Vereins das Vermögen an die Connewitzer Kirchgemeinde fällt und nicht an die Stadt Leipzig. Am 25. Oktober bzw. 15. Dezember 1928 wird diese Satzungsänderung beschlossen.

Nachdem im Winter 1928/29 einige Kinderaborte zerfroren waren und damals aus finanzieller Not nicht repariert werden konnten, entschließt man sich erst am 5. November1930, wahrscheinlich auf den harten Druck des Jugendamtes, diesen Schaden mit Hilfe eines Darlehns beim Kirchgemeindeverband zu beheben. Zugleich werden auch die Küche und die anderen Sanitäranlagen erneuert. Im Jahre 1934 werden alle Räume renoviert.

Bei späteren Darlehnsanträgen führt der Vorstand als Begründung an, dass der Kindergarten sich ordentlich präsentieren müsse und nicht geschlossen werden könne, weil die Gefahr bestehe, dass die römisch-katholische Kirche neben dem Bau des Elisabethkrankenhauses auch gleich den eines neuen Kindergartens vorantreiben könnte.

Im Jahre 1928 führt das Jugendamt, Abt. Kleinkindfürsorge, die ärztlichen Reihenuntersuchungen in allen Kindereinrichtungen ein und übernimmt die entsprechenden Kosten. Im Jahre 1930 verabschiedet die Stadt eine Verordnung zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten in den Schulen, die auch analog auf die Kindergärten anzuwenden ist.

Die städtische Unterstützung wird von Auflagen abhängig gemacht, die in einer Richtlinie von 1930 zusammengefasst wurden. So darf eine ausgebildete Kraft maximal 25 Kinder in einer Gruppe haben. Die Hygienebestimmungen sind einzuhalten. Die Aufnahme der Kinder darf nicht von ihrer politischen oder konfessionellen Zugehörigkeit abhängig gemacht werden. Die Eltern sind ausdrücklich auf eine christliche Erziehung in der Einrichtung hinzuweisen.

Am Anfang der 30er Jahre schließt der Haushalt mit Defiziten ab, sodass das Gehalt der Leiterin im Jahre 1934 nach Rücksprache gekürzt wird. Nach dem Durchwandern der wirtschaftlichen Talsohle wird vier Jahre später das alte Niveau fast wieder erreicht. Diese wirtschaftliche Not gibt den Anlass, immer wieder Spendensammlungen zu organisieren. Jedoch werden nicht alle polizeilich erlaubt.

Die Kostensituation ist in den einzelnen Jahren sehr unterschiedlich. Jedoch ergibt sich folgender Trend. Die Pflegegelder müssen etwa 50 % der Kosten aufbringen. Die Stadt beteiligt sich mit etwa 10 %, so auch kirchliche Institutionen, die sich darüber hinaus im erheblichen Maße an Einzelprojekten beteiligen. Den beachtlichen Rest bringen die Mitgliedsbeiträge, Spenden und sonstige Einnahmen auf.

Am 10. Januar 1941 teilt die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt mit, dass sie den Kindergarten übernehmen möchte. Die Innere Mission versucht, alle derartigen Verhandlungen an sich zu ziehen, um die kirchliche Selbstständigkeit der religiösen Erziehung zu wahren. Jedoch verlieren in Leipzig alle christlichen Kindergärten ihr Profil und unterstehen der nationalsozialistischen Aufsicht, die ihre politische Erziehung durchsetzen will. Solch einen Vorstoß gab es schon 1935, der aber damals durch die Innere Mission abgewehrt werden konnte.

So folgt am 27. April 1942 die Auflösung des Vereins. Der Erlös aus Möbeln wird dem Gemeindebezirk Marienbrunn für den kirchlichen Aufbau und für die christliche Unterweisung geschenkt. Das Grundstück fällt gemäß der Satzung der Connewitzer Kirchgemeinde zu.

Reinhard Junghans

Die Geschichte setzt sich in der Broschüre »150 Jahre Evangelischer Kindergarten in Connewitz« fort. Sie können die Broschüre – so lange der Vorrat reicht – im Pfarramt für 2,50 Euro erwerben (bei Versand zuzüglich 1,50 Euro Versandkostenpauschale).

Öffnungszeiten und Kontakt Kindergarten »Meusi«

event   Montag bis Freitag
schedule   07.00–17.00 Uhr
face   Leitung: Rosemarie Mucke
location_on   Meusdorfer Str. 47 b · 04277 Leipzig
local_phone   (0341) 301 39 34
exit_to_app   (0341) 231 93 89